Die Reputationskrise erzählt, was ihr das Lachen verdirbt

Die Krise ist eine gefürchtete Persönlichkeit – im neuesten Blogbeitrag berichtet sie von ihren größten Erfolgen und davon, was sie so gar nicht abkann... Mehr dazu lesen Sie hier.

Liebe Leserinnen und Leser,

darf ich mich vorstellen, ich bin die Krise. Lassen Sie es mich genauer fassen: die Reputationskrise. Ich habe viele Verwandte. Beispielsweise meine Cousinen, die Umwelt- und Klimakrise. Weniger bekannt, aber umso fürchterlicher, ist mein Onkel, der schwarze Schwan. Er hat große Freude daran, aus dem Nichts aufzutauchen und weitreichende, folgenschwere Konsequenzen für Unternehmen und Organisationen zu verursachen. Erinnern Sie sich noch an die Finanzkrise von 2007? Ja, das war er. Noch heute gibt er damit an…

Mein Paradestück: die Dieselkrise von VW

Aber genug von meiner Verwandtschaft. In diesem Text soll es um mich gehen, die Reputationskrise. Unternehmen und teilweise auch Einzelpersonen fürchten sich vor mir, wenn durch gewissen Situationen und Geschehnisse ihr guter Ruf geschädigt wird. Eine meiner besten Arbeiten in jüngster Vergangenheit war die Dieselkrise von VW im Jahr 2015. Sie erinnern sich sicher. Was mit ein paar E-Mails und Abgas-Tricksereien begonnen hat, wuchs sich für VW zu einer weltweiten Reputationskrise aus, die verschiedene Gerichtsverfahren nach sich zog und zum Verlust von Kundenvertrauen führte.

Gerne denke ich an diese Zeit zurück. Die VW-Verantwortlichen haben die gesamte Klaviatur der „Image Repair Strategies“ nach William Benoit gespielt – zu meinem Glück nicht immer erfolgreich. Denn es gab vieles, was mir in die Karten spielte.

Salamitaktik und stinkende Fische

Beispielsweise die gute, alte „Salamitaktik“. Wie ich sie liebe! Dass über Monate hinweg immer wieder neue Enthüllungen ans Licht kamen, hat meinen Motor besser am Laufen gehalten als eine Tankfüllung mit Shell V-Power Racing. Zuerst wurde kräftig dementiert. Und zwei Tage später? Hoppla, war wohl doch so… Leugnen und Intransparenz: meine besten Freunde.

Meine Cousine, die Klimakrise, sagt oft „der Fisch stinkt vom Kopf“. Damit bezieht sie sich meist auf die Tatsache, dass Personen mit Führungsverantwortung eine besondere Verantwortung beim Klimaschutz haben. Wieso sollten die Mitarbeitenden klimaschonend zur Arbeit kommen, wenn der Chef mit seinem Achtzylinder vorfährt?

Das Sprichwort gilt auch bei der VW-Krise, denn Reputation ist Chefsache. Erinnern Sie sich noch an das Videostatement des damaligen VW CEOs Herrn Winterkorn? Daran werden sich noch Generationen von Medientrainern abarbeiten. Anstatt Empathie für die Kund:innen zu zeigen, hat Herr Winterkorn in absoluter hölzerner Schockstarre die Botschaften der Rechtsabteilung doziert. Mitgefühl für die Kund:innen? Fehlanzeige!

Domino’s Pizza: leider kein Shitstorm-Tsunami…

Krisenkommunikation geht (leider) auch besser. Wie die Fast-Food-Kette Domino’s Pizza im Jahr 2009 reagiert hat, hat mich schon sehr geärgert. Damals ging ein Video viral, welches einen Mitarbeitenden dabei zeigte, wie er Lebensmittel unsachgemäß behandelte. Ich erspare Ihnen die Details an der Stelle. Das Thema hatte das Potential für einen ausgewachsenen Shitstorm-Tsunami, die Vorfreude auf meiner Seite war sehr groß. Aber anstatt zu leugnen oder die Vorfälle herunterzuspielen, übernahm der CEO persönlich die Verantwortung. Das Unternehmen investierte in eine umfassende Aufklärungskampagne, die die internen Qualitätskontrollen und -verfahren hervorhob. Zudem führte Domino's offene Gespräche in sozialen Medien, um Fragen direkt zu beantworten und Bedenken zu zerstreuen. Da war für mich ganz schnell nichts mehr zu holen, chapeau Domino’s!

Fassen wir es zusammen: Wenn Sie, liebe Leserinnen und Leser, mir das Leben besonders schwer machen möchten, dann bauen Sie in Ihrer Krisenkommunikation vor allem auf folgende Faktoren: Transparenz, Empathie, Offenheit und Proaktivität. Warum ich das so offen zugebe? Ich bin schon lange genug im Geschäft, um zu wissen, dass Unternehmen die Umsetzung dieser vier Punkte in Krisenzeiten besonders schwerfällt. Daher nehmen sich Unternehmen in solch dynamischen Zeiten meist einen kompetenten Partner an die Seite, was mir oft sehr schnell den Spaß verdirbt.

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